woensdag 2 november 2016

Warum Clinton in den USA so verhasst ist

"Die lügende Hexe"
Warum Clinton in den USA so verhasst ist

Von Hubertus Volmer, Chicago
Es gibt durchaus Gründe, Hillary Clinton mit Skepsis zu betrachten. Doch der Hass, der ihr von den Trump-Anhängern entgegenschlägt, ist mit Vernunftgründen nicht zu erklären.
Chelsea ist nicht mehr ganz nüchtern, aber als sie den Namen Hillary Clinton hört, ist sie voll da. "Du schreibst einen Artikel darüber, warum Clinton so unbeliebt ist? Den will ich schreiben! Wir hassen sie!"
Das Baseballspiel, das in der Bar in Chicago gerade im Fernsehen läuft, beachtet sie nicht mehr. Sie zählt Gründe auf, warum Clinton die Wiederkehr des Teufels ist. "Bengasi, die E-Mails, Wikileaks, die Clinton-Stiftung. Die Regierung hat sie angeheuert, damit sie kandidiert." Warum sollte die Regierung so etwas tun? "Weil sie das Volk kontrollieren will!"
Donald Trump würde als Präsident Schluss damit machen. "Dir ist klar, dass die Wahlen manipuliert werden, oder?", sagt Chelsea. "Glaub den Umfragen nicht. 70 Prozent der Leute wählen Trump." Kurz davor hatte sie noch erzählt, dass sie viele Freunde verloren hat, weil sie Trump gut findet. Chelsea kommt aus Texas, jetzt lebt sie in Chicago. Die Stadt und der Staat Illinois sind Hochburgen der Demokraten.
Viele Amerikaner haben kein positives Bild von Hillary Clinton. Für manche ist sie gar ein Feindbild.
Viele Amerikaner haben kein positives Bild von Hillary Clinton. Für manche ist sie gar ein Feindbild.(Foto: AP)
Vielen Anhängern der Republikaner ist völlig egal, was Clinton tut oder sagt – sie hassen sie einfach. Trump hat das in der zweiten TV-Debatte auf den Punkt gebracht. Nach einer Reihe von Vorwürfen, die er gegen Clinton erhoben hatte, sagte diese, am Ende des Abends werde sie wohl für alles verantwortlich gemacht, das je passiert sei. Trumps Reaktion: "Warum nicht?"
Aber natürlich ist nicht jeder Vorwurf gegen Clinton an den Haaren herbeigezogen:
  • Zum Beispiel Bengasi. Im September 2012 wurde das US-Konsulat in der libyschen Stadt von Islamisten angegriffen, der amerikanische Botschafter und drei weitere US-Bürger kamen dabei ums Leben. Später kam heraus, dass Clinton, die damals Außenministerin war, Anfragen nach zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen für das Konsulat abgelehnt hatte. Die Republikaner haben diesen Vorfall nach allen Regeln der Kunst ausgeschlachtet. Jeder zweite Amerikaner glaubt, dass Clinton die Familien der Toten angelogen hat.
  • Oder die E-Mail-Affäre. Als Außenministerin nutzte sie nicht, wie vorgeschrieben, den E-Mail-Account des State Department, sondern ein privates Konto und einen privaten Server. Auch geheim eingestufte Mails landeten darauf. Als sie ihre Korrespondenz aushändigen sollte, löschte sie 33.000 Mails. Für viele Amerikaner bestätigt dieser Vorfall, dass Clinton denkt, sie stehe über dem Gesetz. Dass eine Untersuchung des FBI keine Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße fand, sehen sie nur als Bestätigung ihrer Auffassung.
  • Das Image der abgehobenen Politikerin wird auch von den Wikileaks-Enthüllungen bestätigt. Die Plattform ist – nach Darstellung der US-Geheimdienste mit Hilfe Russlands – in den Besitz von E-Mails von John Podesta gelangt, dem Chef von Clintons Wahlkampfteam. Nach und nach werden nun Informationen aus diesen Mails veröffentlicht, mit dem erklärten Ziel, Clinton zu schaden. Es sind durchaus einige Peinlichkeiten dabei, aber bislang nichts, was die Stimmung im Wahlkampf nachhaltig drehen konnte. Ein Beispiel: Aus den E-Mails geht hervor, dass Clinton von ihren Beratern massiv gedrängt werden musste, bevor sie sich für die E-Mail-Affäre entschuldigte. "Entschuldigungen sind ihre Achillesferse", schrieb der Chef eines mit Clinton verbandelten Thinktanks im September 2015 an Podesta.
  • Bei der Clinton-Stiftung, die Bill Clinton nach seiner Amtszeit als US-Präsident gründete, geht es ebenfalls um den Vorwurf des Machtmissbrauchs sowie um mangelnde Transparenz. Die Stiftung leistet weltweit humanitäre Arbeit und sammelt dafür Geld auch bei Leuten ein, die nicht unbedingt demokratischen Ansprüchen genügen – etwa bei der saudischen Regierung. Juristisch ist bislang offenbar alles in Ordnung, aber diesbezügliche Vorwürfe werden nicht nur von Republikanern erhoben. In den Vorwahlen sagte ihr Mitbewerber Bernie Sanders, Spender wie Saudi-Arabien würden den Anschein erwecken, als gebe es einen Interessenkonflikt.
All diese Gründe haben durchaus eine rationale Grundlage. Viele Republikaner hassen Clinton jedoch auf eine Art, die mit Vernunftgründen kaum noch zu fassen ist. Natürlich gibt es viele Trump-Wähler, die sagen, sie würden Clinton als Präsidentin akzeptieren. "Mir bliebe doch gar nichts anderes übrig", sagt etwa Sarah, die in Toledo in Ohio Trumps Wahlkampf unterstützt. Aber es gibt auch die anderen.
Chelsea etwa ist überzeugt, dass es einen Bürgerkrieg geben wird, wenn Trump die Wahl verliert. Sie mag angetrunken sein, aber mit dieser Meinung steht sie keineswegs allein; entsprechende Zitate hört und liest man gelegentlich. In Toledo etwa sagt ein Trump-Anhänger, natürlich könne es Gewalt geben. Er selbst habe nicht vor, etwas Illegales zu tun. "Aber es reicht ja eine Person, das hat man in Oklahoma gesehen." 1995 hatte ein 24-Jähriger einen Bombenanschlag auf ein Gebäude in Oklahoma City verübt, in dem sich Behörden der Bundesregierung befanden – die Ebene des Bundes wird in den USA von Rechtsradikalen als Feind angesehen. Es war einer der schwersten Anschläge in der Geschichte des Landes. 168 Menschen kamen dabei ums Leben.
Dass Trump überhaupt eine Chance hat, die Wahl zu gewinnen, liegt an Clinton. Sie ist fast so unbeliebt wie der New Yorker Milliardär, den die Wähler in den USA als Reality-TV-Figur kennen. Umfragen zufolge haben mehr als 52 Prozent der Amerikaner eine negative Meinung von Clinton. Bei Trump sind es 60 Prozent.

Kein Spruch ist zu ordinär, wenn es um Clinton geht

Was gegen Trump spricht, liegt auf der Hand. Clinton ist so unbeliebt, weil sie mit dem politischen Establishment identifiziert wird. In der aktuellen politischen Stimmung ist das schlecht: 63 Prozent der Amerikaner sagen, das Land bewege sich in die falsche Richtung – deshalb hat Trump ja die Vorwahlen der Republikaner gewonnen, deshalb war Sanders bei den Demokraten so erfolgreich. Clinton betrat die politische Bühne jedoch schon vor fast vierzig Jahren, als First Lady des Bundesstaates Arkansas. Sie war eine politisch aktive First Lady im Weißen Haus, sie war Senatorin und Außenministerin. Trump weist regelmäßig darauf hin, dass sie all die Probleme, die sie als Präsidentin angehen will, längst hätte lösen können. Zudem gilt sie bei vielen Wählern – linken und konservativen – als berechnend und abgehoben, als typische Politikerin, die alles sagen würde, um gewählt zu werden.
Republikaner sehen in Clinton eine Fortsetzung von Barack Obama. "Es gibt keine Fabriken mehr in den USA, weil Obama die Jobs in andere Länder verkauft hat", sagt Carmelo Ruta in Sandusky im Norden von Ohio. Der 76-Jährige ist 1962 aus Sizilien in die USA gekommen und hat sich hochgearbeitet. Heute gehören ihm mehrere Hotels in der Gegend. Er ist ein freundlicher älterer Herr, nur als es um Clinton geht, wird er laut. Clinton habe gelogen und das Land verraten. Ruta kennt und wiederholt viele der Horrorgeschichten, die Republikaner gern über Clinton erzählen. Doch dann sagt er auch: "Dieses Land ist das beste der Welt. Selbst Clinton würde es nicht schaffen, die USA zu ruinieren." Ähnlich, wenn auch mit einer anderen Begründung, sieht es ein Mann, der die vierstündige Strecke von Rochester in New York nach Cleveland gefahren ist, um Trump zu sehen. "Ich bin Christ", sagt er. "Gott wird dafür sorgen, dass es so schlimm nicht wird."
Als Personifizierung des politischen Establishments ist Clinton für Trump eigentlich die ideale Gegnerin. Auf seinen Kundgebungen wird regelmäßig "lock her up!" skandiert, sperrt sie ein. Tatsächlich hat Trump genau das angekündigt. Er will einen Sonderermittler einsetzen, der Clinton ins Gefängnis bringen soll, er nennt sie Lügnerin und Gaunerin. Für rechte Nachrichtenseiten ist Clinton "die lügende Hexe". Auch bürgerlich wirkende Besucher von Trump-Veranstaltungen lachen, wenn ihnen T-Shirts mit schmutzigen Witzen über Hillary Clinton und Monica Lewinsky angeboten werden. Für Trump-Fans ist kein Spruch zu ordinär, keine Beschimpfung zu extrem, kein Vorwurf zu abstrus, wenn es um Clinton geht.
Chelsea hat mittlerweile noch einen Schnaps getrunken. "Ich bin eine Frau, die sieben Tage die Woche arbeitet, ich bezahle meine Miete selbst. Aber eine Frau als Präsidentin? Das ist ein Job für einen Mann."

1 opmerking:

Bauke Jan Douma zei

"Es gibt durchaus Gründe, Hillary Clinton mit Skepsis zu betrachten. Doch der Hass, der ihr von den Trump-Anhängern entgegenschlägt, ist mit Vernunftgründen nicht zu erklären."

This premise stinks. Ik ben Amerikaan noch Trump-aanhanger, maar als ik, als betrokken
wereldburger, voor mezelf spreek is het juist 'Vernuft' dat me tot een diepe haat jegens
de soort, en in dit geval het exemplaar Hillary CLinton daarbinnen, brengt.

Alsof er geen objectieve feiten zijn die die haat zouden kunnen verklaren! Veel dat zich
'links' noemt probeert de laatste weken dat spelletje te spelen (alles onder het tapijt
graag), maar we moeten daar doorheen prikken.

Zoals eerder gezegd: Hillary Clinton heeft met 'links' niks te maken, en 'links' zou met
haar niks te maken moten hebben.

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